Der Ort Trohe um das Jahr 1945

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Keine der nach Trohe führenden Straßen und auch die Dorfstraßen - es gab nur die Begriffe "Haupt- und Nebenstraße" - hatten eine Teerdecke. Die Straßenoberfläche bestand aus Schotter und Sand und wurde vom "Straßenwärter" Fritz Wiegel aus Rödgen in Ordnung gehalten.

2 Telefonleitungen führten an Holzmasten von Rödgen aus ins Dorf. Ein "öffentlicher" Anschluss befand sich bei der "Post-Marie" - Familie Otto Schmidt, Alten-Busecker Straße 2, der andere bei Wilhelm Pfaff im Gasthaus "Zur Linde".

Der Autoverkehr war sehr gering. Troher Autobesitzer sind mir nicht bekannt. Lediglich das Milchauto der Molkerei Grieb in Gießen kam täglich zum Abholen und Zurückbringen der von den Bauern bereitgestellten Milchkannen. Wer nach außerhalb wollte, ging zum Bahnhof nach Rödgen, benutzte das Fahrrad oder lief zu Fuß in die umliegenden Nachbardörfer.

Obwohl Trohe schon 50 Jahre eine gute Trinkwasserversorgung hatte, gab es noch keine Kanalisation. Die Entwässerung erfolgte durch Gräben in die nahe gelegene und chemisch unbelastete Wieseck, in der viele Fische und auch Krebse lebten. Einzelne dieser Gräben waren allerdings schlammig und verbreiteten in warmen Sommermonaten unangenehme Düfte.

Ziegenhalter führten ihre Tiere zum einzigen Bock im Ort - Halter war Fritz Bernhardt in der Burgstraße 12. Ebenso gab es nur einen Bullen im Dorf, gehalten von Wilhelm Schmidt in der Bälzermühle, Zur Mühle 6. Zur Besamung brachten die Bauern ihre Kühe zu diesem.

wieseck_vereist_monochrom.jpgGespielt haben wir Kinder unter der mächtigen alten Linde auf dem "Lindenberg", neben Haus Nr. 12, Kurt-Schumacher-Straße. Hier fuhren wir im Winter Schlitten und nutzten dafür auch den "Martinsberg" zwischen den Grundstücken Mühlweg 28 und 38 und die "steile Wand" nähe Pfaffenkreben. Gebadet und selbstverständlich schwimmen gelernt haben wir in der Wieseck im "Tümpel", heute neben Mühlweg 17a. Schlittschuhe gelaufen sind wir auf der häufig zugefrorenen Wieseck - siehe Foto - oder auf der angestauten Eisfläche im "Ranzen", jetzt Mühlweg 22.

Gerne erinnere ich mich an die Herbstzeit, wenn die Dreschmaschine im Dorf war. Wer kleinere Getreidemengen geerntet hatte, brachte sie zum Dreschplatz nach Alten-Buseck. Größere Mengen wurden auf den Höfen gedroschen. An den Dreschtagen gab es frischen Kuchen und wir Kinder holten uns nach der Schule unseren Teil.

Einkaufen konnten wir so genannte Kolonialwaren - sie waren in der Regel unverpackt - bei der "Post-Marie" s.o. und bei "Seipps" in der Linde sowie Fleisch und Wurstwaren in der Metzgerei Schwarz zum Burgkeller. Dort befand sich neben dem Burgberg eine Kegelbahn - Heimstatt des derzeit einzigen Troher Vereins - in einer offenen Halle und war deshalb nur in der warmen Jahreszeit nutzbar.

Die ärztliche Versorgung übernahm Dr. Schmidt aus Wieseck. Er hielt im Ort auch Sprechstunden ab. Das Rattern seines Motorrades klingt mir heute noch in den Ohren. Zum Haare schneiden ging's ins Wohnzimmer bei "Leppers Lui". Eine elektrische Haarschneidemaschine gab es selbstverständlich noch nicht und manchmal war die "Handarbeit" etwas schmerzhaft. Herr Ludwig Rau war auch Friedhofsaufseher auf dem zu damaliger Zeit noch außerhalb des bebauten Orts befindlichen Friedhof.

An öffentlichen Gebäuden gab es die Schule (ein Saal mit großem Holzofen beheizt), das ständig genutzte Bakkhaus - die Backreihenfolge wurde ausgelost - und das Spritzenhaus, in dem die Gerätschaften der Feuerwehr untergebracht waren.

Bürgerhaus, Sportplatz, Kindergarten, Kinderspielplatz, Feuerwehr-Stützpunkt, Friedhofskapelle, Gemeindehaus, gepflegte Straßen und schöne Häuser sowie weitere Ortsvereine sind meist erst viele Jahre später entstanden.

Unsere Wanderung beginnen wir von Rödgen kommend bei der Troher Mühle, Rödgener Straße 18. Sie war das einzige Anwesen südlich der Wieseck und von der Familie Philipp Rühl bewirtschaftet. Nach wenigen Schritten wird der Steg erreicht und Mühlgraben und Bachlauf überquert. Der Steg war recht schmal und niedriger als heute, so dass er bei Hochwasser nicht benutzt werden konnte.

Die heutige Straße "Am Steg" in Richtung Mühlweg hatte bis auf eine Ausnahme nur linksseitige Bebauung. Sie begann mit dem Haus der Familie Emil Braun - jetzt Nr. 13, gefolgt von Familie Christian Hof Nr. 9 und den Anwesen der Familie Karl Rau Nr. 7 und der Familie Jakob Licher Nr. 5. Den Abschluss auf dieser Seite bildete das Anwesen von Familie Heinrich Müller Nr. 3 und gegenüber das Haus von Familie Ludwig Becker.

Wir gehen nach rechts in den Mühlweg in Richtung Mittelsmühle und queren die Straße am Ortsende bei Familie Heinrich Loth Nr. 28. Auf dem Rückweg in Richtung Linde kommt das etwas höher gelegene Anwesen der Familie Wilhelm Heinrich Rau Nr. 28 und danach die Nr. 24 Familie Georg Heußner. Vorbei am Alten Weg stehen wir zunächst vor Haus Nr. 18 Familie Friedrich Döll und erreichen nebenan das Anwesen Nr. 14 mit der Gaststätte "Zur Linde" und dem Wohnhaus der Familie Wilhelm Pfaff. Haus Nr. 10 bewohnte Familie Heinrich Noll - das Nachbarhaus der Familie Wilhelm Kaißner Nr. 8 wurde abgerissen und durch Garagen ersetzt.

Zwischen den Häusern Nr. 6 Familie Ludwig Balser und der Nr. 4 Familie Heinrich Briegel - dort wo sich heute die kleine Grünanlage befindet - stand das Backhaus, das regelmäßig genutzt wurde. Den Abschluss des heutigen Mühlweges bilden die Nr. 2 der Familie Philipp Hofmann und gegenüber die Nr. 1 der Familie Wilhelm Schwarz, Gastwirtschaft "Zum Burgkeller" und Metzgerei.

Wir setzen unseren Weg in der Kurt-Schumacher-Straße fort und beginnen links mit der Nr. Familie Ludwig Rau und gegenüber Nr. 3 Familie Heinrich Heuser. Nr. 4 Familie Heinrich Hofmann und Nr. 6 die 1892 eingeweihte Schule. Familie Heinrich Loth Nr. 5 und nebenan Familie Heinrich Deines Nr. 9 ist durch einen Neubau ersetzt.

Von hier aus gehen wir in die "Burgstraße" und anschließend "Zur Mühle". Die Nr. 1 bewohnte Familie Ludwig Döll, Nr. 5 Familie Wilhelm Hahn und vor der Trafostation stand
das Spritzenhaus. Auf der linken Seite geht es los mit Nr. 4 Familie Ludwig Klug - ebenfalls durch Neubau ersetzt - daneben Nr. 6 Familie Wilhelm Noll und Nr. 8 Familie Emil Wagner. Das Haus der Familie Friedrich Bernhardt Nr. 12 bildete den Abschluss. nach links  erreichen wir "Zur Mühle" Nr. 6 Familie Wilhelm Schmidt (genannt der Bälzermüller) und anschließen Nr. 1 Familie Ferdinand Staubach.von_der_baelzermuehle1.jpg

Wieder in der Kurt-Schumacher-Straße stoßen wir auf die Nr. 15 Familie Ludwig Licher, Nr. 12 Familie Heinrich Brück, Nr. 19 Familie Elisabeth Schwalb und Nr. 18 Familie Katharine Lohner.

Ein letzter Abstecher bringt uns in die Alten-Busecker-Straße mit den Hausnummern 2, Familie Otto Schmidt, Nr. 6 Familie Otto Wagner, Nr. 8 Familie Heinrich Döring und Nr. 10 Familie Philipp Rau. Schlussteil ist wieder die Kurt-Schumacher-Straße Nr. 20 Familie Heinrich Hammel, Nr. 22 Familie Hubert Engeln, Nr. 24 Familie Margarete Väth und auf der anderen Seite Nr. 25 Familie Johann Rahn, Nr. 27 Familie Heinrich Stabel, Nr. 29 Familie
Erich Brück, Nr. 31 Familie Karl Schmitt und als letztes Haus die Nr. 33 von Familie Heinrich Panzer.

In Trohe gab es neben der Schule, dem Backhaus und dem Spritzenhaus 46 Wohngebäude, zu denen teilweise eine Scheune mit Viehställen gehörte. Allgemein können wir heute feststellen, dass die etwa 240 Einwohner in recht bescheidenen Verhältnissen lebten und die Ansprüche an das Leben gering waren.

Abschließend möchte ich mich bei Herrn Ernst Rau für seine freundliche Unterstützung bedanken.

Text von Philipp Rühl
Erstveröffentlichung im Busecker Geschichtsbrief 1/2005, S. 4 und Busecker Geschichtsbrief 2/2005, S. 4

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