“Der Steg” über die Wieseck in Trohe

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Es ist Vorweihnachtszeit. Trohe erstrahlt im Lichterglanz. Auch der Steg ist von Anwohnern liebevoll mit allerlei Leuchtmitteln dekoriert und bietet einen wunderschönen Anblick. Viele auswärtige Besucher kommen über die Rödgener Strasse und gehen – den Steg benutzend – in den Ort. Nicht wenige bleiben stehen, schauen sich die Lichter an, werfen eine Blick in die leise plätschernde Wieseck und fragen: “Seit wann gibt es in Trohe diesen Übergang?”
Meine Nachforschungen zur Klärung dieser Frage führen zu durchaus interessanten  Ergebnissen. Es ist unstrittig, dass es viele Jahrhunderte zwei Fusswege gab, um von Rödgen in den Ort zu gelangen, bzw ihn zu verlassen. Beide hatten gemeinsam, daß sie Mühlgraben und Wieseck überqueren mußten und durch den Grundbsitz des Troher Müllers führten.
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Schauen wir uns beide Wege etwas genauer an, so stellen wir fest, dass die Entfernung zueinander kaum mehr als hundert Meter beträgt. Der westliche – heutiger Steg – hatte für die Querung des an dieser Stelle tief eingeschnittenen Mühlgrabens ein grosses Brett oder Bohle mit einseitigem Handlauf.
Durch die Wieseck ging es dann auf dicken Steinen. Belegt ist dies durch ein gemaltes Wandbild aus dem Jahre 1841. Der östliche Fussweg nutzte die Brücke des Mühlgrabens zur Hofeinfahrt der Troher Mühle, an der Scheune vorbei über grosse Steinplatten durch die Wieseck und die Wohngärten (Flurbezeichnung) zum heutigen Mühlweg. Eine mächtige Steinplatte zeigt uns heute noch den damaligen Verlauf.

Im Jahre 1896 traten durch eine schriftliche Vereinbarung zwischen der Gemeinde und dem Mühlenbesitzer Philipp Rühl wichtige Änderungen ein. Letzterer erklärte sich bereit, Gelände an die Gemeinde abzugeben – heutiger Steg – und auf Nutzungsrecht auf seinem Grundstück zu verzichten.

So wurden Ende des 19.Jh. die Voraussetzungen zum Bau eines Steges, der Mühlgraben und Wieseck überspannte, geschaffen. Nach mündlichen Überlieferungen meines Großvaters Karl Rühl (1872-1954) haben die entstandenen “Bauwerke” in der Regel eine fast ganzjährige Nutzung gewährleistet, ausgenommen während des in nahezu jedem Winter eintretenden Hochwassers und bei starken Niederschlägen. Zweimal haben den Holzsteg die Verankerung nicht halten können und er wurde von den Wassermassen mitgerissen.

Dies änderte sich Ende der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts grundlegend. Beim Bau eines neuen Steges wurden von beiden Seiten die Zugänge erhöht, so dass eine ausreichende Durchflusshöhe entstand. Durch Holzspenden unserer Nachbargemeinden, die tatkräftige Hilfe des Technischen Hilfswerkes Gießen, einer Richtfestspende von Albert Osswald und den unermüdlichen Einsatz von Bürgermeister Albert Panzer entstand ein wunderschöner Übergang (s.Bild), den mehr als 30 Jahre ein von einem einheimischen Künstler geschnitztes Troher Wappen zierte.

Durch den Zahn der Zeit musste er zum Ende des vergangenen Jahrzehnts einem modernen Zweckbau weichen. Inzwischen haben wir uns an den “Neuen Steg” gewöhnt, der breiter und wohl auch sicherer als eine Vorgänger ausgefallen ist. Möge er recht lange erhalten bleiben und seine Benutzer zum Verweilen einladen, um dem Spiel des Wassers zuzuschauen und sich an der Natur zu erfreuen.

Text von Philipp Rühl
Erstveröffentlichung im Busecker Geschichtsbrief 1/2003, S. 7

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